Der Matilda-Effekt - XXcareer Blog

Matilda-Effekt: Frauen in der Wissenschaft

Wie Frauen Forschung vorantreiben und Männer das Ergebnis verkaufen

Frauen sind in der Wissenschaft stark unterrepräsentiert. Hinzu kommt, dass die Leistung weiblicher Forscherinnen systematisch missachtet wird, während Männer an Reputation gewinnen.

Für diese Misere steht der Matilda-Effekt. Doch immer mehr Frauen setzen sich erfolgreich durch und tragen sichtbarer zum wissenschaftlichen Fortschritt bei. In diesem Blog erfährst Du, was es mit dem Begriff Matilda-Effekt auf sich hat, wie Frauen die Forschung voranzutreiben und warum Männer das Ergebnis öfter verkaufen.

Der Matilda-Effekt: Was ist das?

Der Matilda-Effekt beschreibt eine diskriminierende Situation in der Wissenschaft, bei der forschende Frauen für ihre Leistung nicht oder ungenügend anerkannt werden. Männliche Forscher hingegen werden für ihr Werk geehrt. Es gibt zahlreiche Ereignisse für dieses Phänomen, in denen Frauen die meiste Arbeit leisten, jedoch der Name des beteiligten männlichen Forschers als Hauptautor erscheint.

Der tragische Fall der berühmten Biochemikerin Rosalind Franklin ist besonders bezeichnend. Sie entschlüsselte die Form der DNA als Doppelmatrix mithilfe von Röntgenstrahlen. Doch den Nobelpreis für diese Entdeckung sackten andere ein, darunter ihr Forscherkollege Maurice Wilkins, der heimlich Unterlagen von ihr kopiert und an die Forscher Crick und Watson weitergeleitet hatte. Darunter das ausschlaggebende Röntgenbild, das den Beweis für die Doppelhelix belegte. 1962 erhielten die drei Wissenschaftler den Nobelpreis für die DNA-Strukturaufklärung und brachten Rosalind Franklin um ihren Ruhm. Der herausragende Beitrag wurde von den Forschern nicht ansatzweise erwähnt.

Woher stammt der Matilda-Effekt?

Die Bezeichnung Matilda-Effekt stammt aus dem 19. Jahrhundert und wurde zu Ehren der Frauenrechtlerin Matilda Joslyn Gage ins Leben gerufen. Gage kritisierte die fehlende Anerkennung der akademischen Forschungsarbeiten von Frauen. Dieses Phänomen griff die Wissenschaftshistorikerin Margaret W. Rossiter in einer bedeutsamen Arbeit im Jahr 1993 auf.

Seither steht der Begriff Matilda-Effekt für die diskriminierende Missachtung akademischer Leistungen von Wissenschaftlerinnen.

Die fehlende Akzeptanz von forschenden Frauen ist in der Geschichte verankert:

  • Schon im frühen 19. Jahrhundert herrschte in der deutschen Universität eine Männerdomäne.
  • 1908 erhielten Frauen nach rund 48 Jahren Drängens das Recht zu studieren.
  • 1921 setzten sie das Recht auf Habilitation

Doch die gesellschaftliche Haltung entsprach weiterhin: Frauen gehören an den Herd, nicht an die Universität oder ins Labor.

  • 1933 Regelung der Nazis: Nur 10 % neu eingeschriebene Studentinnen wurden zugelassen.
  • Bis 1977 schrieb das Ehe- und Familiengesetz dem Mann die Rolle als Hauptverdiener zu.
  • In den 1960ern findet der feministische Ruf nach mehr Professorinnen an den Universitäten über die Bildungsoffensive Gehör.

Mittlerweile hält sich der Frauenanteil der Studierenden mit den Kommilitonen die Waage. Seit dem Wintersemester 2021/2022 überwiegen die Studentinnen sogar. Jedoch repräsentieren Frauen in der Wissenschaft und Forschung nach wie vor eine Minderheit, je höher die Karrierestufe ist. Besonders nach Promotionen verlassen Frauen die wissenschaftliche Tätigkeit an Hochschulen, wie das CEWS-Kompetenzzentrum Frauen in Wissenschaft und Forschung am GESIS-Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften herausfand.

Deutlich wird die ungleiche Rollenverteilung anhand der Nobelpreisverleihungen im Zeitraum 1901 bis 2022. Über 83 Prozent der Nobelpreise (für Friedensbemühung) und rund 98 Prozent der Nobelpreise (für Physik) wurden an Männer verliehen. Dies zeigt die Grafik von statista.

Pionierin der Wissenschaft unter erschwerten Bedingungen

Als erste deutsche Nobelpreisträgerin erhielt die Biochemikerin Christiane Nüsslein-Volhard im Jahr 1995 den Nobelpreis für Medizin. Gemeinsam mit Eric Wieschaus und Edward B. Lewis. Ihre wissenschaftlichen Entdeckungen belegten die genetische Steuerung von früher Embryonalentwicklung. Nüsslein-Volhard wurde als erste Direktorin ans Max-Planck-Institut berufen. Dabei zeichnet sich wiederum ein geschlechterdiskriminierendes Bild, da ihr deutlich weniger Fördermittel zur Verfügung gestellt wurden als es jemals zuvor und nach ihr der Fall war. Auch wurde sie zur Jahresversammlung eingeladen, allerdings zum Damenprogramm.

Wie Frauen Forschung vorantreiben

Um das Matilda-Problem anzugehen und die Forschung effektiv voranzutreiben, müssen wir uns der Mechanismen bewusst sein, aufgrund derer Frauen in der Wissenschaft benachteiligt werden.

Herausforderungen für Wissenschaftlerinnen

  • Männer dominieren Führungspositionen. Damit üben sie Macht aus. Macht speist sich aus hoch informativen und arbeitsrelevanten Netzwerken. 2/3 der Frauen haben weniger Zugang zu diesen Quellen als ihre männlichen Kollegen, wie eine Umfrage des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BAMF) unter Professorinnen ergibt.
  • Manferenz statt Konferenz. Die Reputation erhält einen Kick, wenn man für bedeutende Konferenzen einen Talk erhält bzw. Redezeit bekommt. Qualifizierte Frauen bekommen deutlich seltener die Möglichkeit dazu.
  • Vorurteil: Frauen seien in bestimmten Bereichen wie Naturwissenschaften oder Technik weniger begabt als Männer. Diese Annahme führt dazu, dass Frauen von vornherein weniger ernst genommen und ihre Leistungen als weniger bedeutsam eingestuft werden. Frauen müssen also mehr leisten als männliche Kollegen.
  • Unfaires Einkommen: Frauen erhalten für die gleiche Arbeit wie Männer in der Regel weniger Geld und kleinere Forscherteams.
  • Vereinbarkeit von Beruf und Familie: Um sich auf ihre Forschungsarbeit zu konzentrieren, stellt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine kräftezehrende Herausforderung dar. Teilzeit-Arbeit ist oft unpraktikabel in wissenschaftlichen Bereichen, da die Arbeitsdynamik sehr hoch ist.

Gender: Karriere-Barriere

  • Gender Bias – Geschlechterverzerrung: Wie viel wir anderen zutrauen, hängt von unserem Gender Bias ab, das unausweichlich in jedem von uns sitzt. Die geschlechtsbezogene Wahrnehmung ist von Vorurteilen und Annahmen geprägt und beeinflusst unsere Entscheidungen. Demnach passen Frauen in etlichen Berufsfeldern nicht in das Bild einer Führungskraft. Ihr Verhalten wird damit anders bewertet als bei einer männlichen Person.
  • Gender Citation Gap: In der Zitationspraxis werden Artikel von weiblichen Forscherinnen weniger zitiert (auch von Frauen) als vergleichbare Leistungen von Forschern.

Männer verkaufen das Ergebnis – Ein Blick auf die Praxis

Männer framen positiver

Die Entdeckungen männlicher Forscher erhalten größere Aufmerksamkeit und Bekanntheit als die ihrer Kontrahentinnen. Wie sich herausstellt, liegt das zum wesentlichen Teil an ihrer Wortwahl, die typisch für Männer ist. Darunter fallen die Bezeichnungen wie „einzigartig“, „vielversprechend“, „neuartig“, „ausgezeichnet“, die auch in den Titeln und Resümees anzutreffen sind. Bedeutet: Männliche Verfasser framen um 21 % positiver, was ihre Ergebnisse gewichtiger erscheinen lässt. Infolgedessen wurden die Publikationen mit einer positiven Wortwahl öfter zitiert, beispielsweise in der Fachliteratur.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie aus Harvard und Yale, die sprachliche Ausdrücke abhängig vom Geschlecht untersuchte. Über sechs Millionen wissenschaftliche Publikationen wurden hierzu unter die Lupe genommen.

Warum Frauen ihre Forschungsergebnisse zurückhaltender einstufen

Weshalb Wissenschaftlerinnen ihre Ergebnisse weniger ausdrucksstark darstellen und damit maßgeblich an Bekanntheit und Aufstiegschancen einbüßen, kann der gesellschaftlich bedingten Erwartungshaltung zugrunde liegen. Denn schon im Mädchenalter wird in vielen Familien ein angemessenes Verhalten gefördert, das sich in Höflichkeit, Zurückhaltung, Gleichgerechtigkeitssinn und Empathie ausdrückt. Als unerwünscht gilt ein zu forderndes Wesen, Eigensinn und affektives Benehmen.

Der Framing-Effekt

Es ist für Frauen entscheidend, wenn sie sich den Framing-Effekt gezielt zunutze machen. Denn wenn spezielle Formulierungen nachweislich verbessern, wie eine Botschaft wahrgenommen wird, können wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse zum Wohle der Menschheit mit Nachdruck hervorgehoben werden.

Maßnahmen zur Gleichstellung

Damit das Gleichgewicht zwischen Frauen und Männern in der Wissenschaft entstehen kann, gibt es noch enormen Nachholbedarf. Hier sind einige Maßnahmen, um Geschlechterparität durchzusetzen:

  • Das akademische System umstrukturieren, da es Männer stärker unterstützt.
    Beispiel: Nur 1/4 der Studierenden in den Geisteswissenschaften sind Männer. Von ihnen werden jedoch über die Hälfte als Hochschulkräfte rekrutiert. Bedeutet: Die Einstellungsquote von Männern im Vergleich zu den Kommilitoninnen ist doppelt so hoch, was einen Karrierevorteil
  • Nach der Promotion klaffen die Karrieren von Frauen und Männern auseinander. Um die hoch qualifizierten Frauen im akademischen System zu halten, bedarf es: Mentoring, materielle Unterstützung für Familien und flexible Arbeitszeiten.
  • Familienfreundliche Termine: Für Tagungen sollte ein Konzept zur Kinderbetreuung greifen. Wiederholte Termine müssten familienfreundlich anberaumt werden, d. h. nicht gerade dann, wenn Betreuungspflichten nachgekommen werden muss.
  • Medienfokus auf weibliche Rollen: Um das Schaffen qualifizierter Wissenschaftlerinnen sichtbarer zu machen, ist eine strategische Berichterstattung von Frauen und ihren Karriereverläufen wirksam. Hierzu wäre informativ, wenn die möglichen Unterstützungsmaßnahmen und auch die Hürden genannt werden, um ein positives, authentisches Bild in den MINT-Fächern zu liefern.
  • Kritische Masse: Es braucht eine Minderheit von rund 30 Prozent, um etwas in organisatorischen Strukturen bewegen zu können. Daraus folgt: Die Professuren müssen eindeutig mehr Frauen besetzen, zumindest jede vierte oder dritte Stelle.
  • Bildungseinrichtungen müssen sich daran messen lassen, wie schnell und langfristig sie an dem Bildungsauftrag der Gleichstellung arbeiten.
  • Geschlechtergerechtes Gehalt, Ausstattung und Zulagen sollten für Frauen und Männer in vergleichbaren Positionen gleich ausfallen.

Fazit: Um den Matilda-Effekt ad acta zu legen, …

… muss der ungleiche Umgang mit den verschiedenen Geschlechtern klar benannt werden, um die Leistung von WissenschaftlerInnen gleichzustellen. Es ist höchste Zeit für Umdenken, Akzeptanz und Bereitschaft zur Veränderung, und zwar von allen Beteiligten. Von der Politik, den wissenschaftlichen Institutionen und den Forschenden selbst. Von der Politik sind zarte Weichen hin zur Geschlechterparität schon gestellt, worauf das Frauenförderprogramm von Bund und Ländern hinzeigt, indem es den Anteil der Professorinnen forciert. Doch braucht es eine ganze Reihe weiterer Maßnahmen, die sich dynamisch an die wissenschaftlichen Strukturen anpassen und bereit sind, zu erwartenden Widerständen dauerhaft konsequent zu begegnen.

Darüber hinaus besteht die Hälfte der Bevölkerung aus Frauen. Da erscheint es nur logisch, wenn die mühselig aufgebrachten Bildungsgelder nicht verschwendet werden, sondern sinnvoll in die qualifizierten Forschenden unter Einhaltung der Gleichstellung investiert werden. Zahlreiche wissenschaftliche Erkenntnisse gehen womöglich verloren, weil weibliche Wissenschaftlerinnen wegen erschwerten und unnötigen Strukturen austreten. Familie und Privatleben müssen gefördert werden, damit die wissenschaftliche Arbeit vereinbar wird.

Lass uns gemeinsam dafür sorgen, dass der Matilda-Effekt bald der Vergangenheit angehört und Frauen in der Wissenschaft endlich die Anerkennung bekommen, die sie verdienen.

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